Übrigens für die 20. KW

reisen Sie gerne in die Vergangenheit? Ich habe den Eindruck, je älter ich werde, umso häufiger denke ich an Ereignisse, Orte oder Personen, die mir vor vielen Jahren von Bedeutung waren. Vielleicht sehen Sie sich, so wie ich, auch gerne Fotos aus vergangen Jahren an.

Neulich musste ich unbeabsichtigt, wegen einer medizinischen Untersuchung, ins Krankenhaus nach Salzgitter-Lebenstedt fahren. Oje, dachte ich, ausgerechnet da hin! Dort hatte ich vor 44 Jahren meine berufliche Laufbahn begonnen. 5 Jahre habe ich da meine erste Stelle, als Gemeindereferentin innegehabt. Ich wusste, dass sich dort vor Langem Vieles verändert hatte.

Mit einem Rucksack voller gemischter Gefühle fuhr ich die mir bekannte Strecke, die ich unzählige Male in meiner Zeit in Salzgitter gefahren war, zu meinem Termin. Wie oft war ich von Salzgitter aus nach Hildesheim, zu Ausbildungsveranstaltungen oder nach Hannover, zu meinen Eltern gefahren.

Schon im Auto kamen mir die Bilder aus der Zeit wieder hoch: die Kirche, St. Elisabeth, in der ich gearbeitet hatte; meine erste, eigene,  Wohnung, die direkt gegenüber in einem Hochhaus in der 6. Etage war (das Haus steht heute nicht mehr); die Begegnungen mit vielen Menschen aus der Zeit, besonders die, mit meinem väterlichen Pfarrer, Pfarrer Ropohl (schon vor längerer Zeit verstorben) und nicht zuletzt die vielen Ereignisse, die ich mit meinem ersten, festen Freund und späteren Ehemann erleben durfte.

Der Tag brachte mir unerwartete Ereignisse: ein zufälliges Treffen mit einer Jugendlichen aus der Zeit, die nun das Familienzentrum der Caritas leitet. Am meisten hat mich berührt, das aus der Kirche, die ca. 2005/2006 profaniert worden ist, nun diese großartige Begegnungsstätte mit einer Kita geworden ist. Eine super Lösung.

Der ganze Tag machte mich sehr nachdenklich. Wie gerne erinnern wir uns an schöne Zeiten in der Vergangenheit. Wir versuchen sie festzuhalten, uns immer wieder vor Augen zu führen. Meistens, so hoffe ich, nur schöne Begebenheiten. Wir wollen sie wiederbeleben, in die heutige Zeit retten. Ja, auch ich war da nicht ganz frei von. Alles schien so toll gewesen zu sein, aus der Rückschau.

Aber das ist ein Irrtum, wie mir auf der Rückfahrt bewusst wurde. Ich habe Vieles nur verherrlicht, Negatives ausgeklammert. Und ich muss feststellen – die Vergangenheit gehört zu mir, ich bin dankbar dafür, dass sie so war, wie sie war. Sie hat mich stark geprägt – aber

HEUTE ist HEUTE!

Der Sänger Bosse beschreibt es in seinem Lied: Schönste Zeit sehr treffend:

Was wir nicht könn'n, ist irgendwas wiederhol'n
Kein Augenblick, kein Moment kann sich je wiederhol'n
Was wir nicht könn'n, ist irgendwas wiederhol'n
Wir könn'n nicht zurück und warum sollten wir auch?

Das heißt für mich, ich muss mich der heutigen Realität stellen, kann die Vergangenheit nicht festhalten – tut es manchmal auch weh. Ich lebe in der jetzigen Zeit und mit den Menschen um mich herum, die ja irgendwann auch mal zu meiner Vergangenheit gehören. Diese prägen mich heute und sind mir wichtige WegbegleiterInnen.

Viele in unseren Gemeinden schauen mit Wehmut in die Vergangenheit, wo, so meinen sie, alles Schöner und in Ordnung war. Es gab ein pulsierendes Gemeindeleben, mit Vielen, die sich dort angebunden und zu Hause gefühlt haben.

Ich hoffe, dass es uns allen in den Gemeinden gelingt, nicht zu sehr in der Vergangenheit verwurzelt zu sein, um nicht im Verharren an das Gedenken des Zurückliegenden zu erstarren und das Neue positiv in unser Leben zu lassen. Versuchen wir offen zu bleiben, für das neue Leben, dass uns immer wieder erwartet und so viel Schönes bringen kann.

Das Leben geht weiter – die Gemeinden auch.

Martina Teipel