Übrigens für die 47 KW
Übrigens…
erhalten jetzt viele Computerprogramme, wenn man mit ihnen ein Update machen lässt, Funktionen sogenannter Künstlicher Intelligenz. Das Programm „Acrobat Pro“ beispielsweise, das ich für die Bearbeitung von Dokumenten benutze, hat neuerdings die Texte so präsent, dass ich ihm Fragen zu den Inhalten stellen kann. Im Programm „Zoom“, das ich bei Video-Konferenzen einsetze, kann ich die Software am Ende des Treffens bitten, eine Zusammenfassung der Sitzung herzustellen. Es ist so, als hätte uns da jemand die ganze Zeit zugehört. Und der Streaming-Dienst „Spotify“, der mir meine Lieblingsmusik aus dem Internet liefert, schlägt mir immer wieder neue Interpreten vor, deren Musik ich niemals von allein entdeckt hätte. Das finde ich sehr hilfreich.
Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit entsteht zurzeit eine neue technische Welt. Sie kündigt sich nicht mit qualmenden Schloten, laut ratternden Maschinen und Dampfloks wie die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts an. Sie hält still und leise über die Internetanschlüsse in unseren Büros und Wohnzimmern Einzug. Jede Woche ein bisschen mehr.
Seitdem ich vor Kurzem das Buch „Nexus“ des israelischen Historikers und Weltbestsellerautors Yuval Noah Harari gelesen habe, bin ich gegenüber dem Thema Künstliche Intelligenz vorsichtiger geworden. So sehr ich mich über manchen neuen Nutzen meiner Computerprogramme und Streamingdienste freue, bin ich doch skeptisch, ob wir sie ausreichend kontrollieren.
Negative Auswirkungen haben wir in der Vergangenheit schon genügend in den sozialen Medien verfolgen können. Dort verbreiten Computer mit der Identität von Personen Nachrichten, bei denen man nicht erkennt, wer hier eigentlich schreibt. Ähnliches gilt für Aktiengeschäfte an den Börsen, die von programmierten Maschinen sekundengenau und weltweit synchronisiert abgeschlossen werden. Sind Algorithmen in der Lage ethische Entscheidungen zu treffen und die Auswirkungen ihrer Entscheidungen abzuwägen?
Den meisten Kirchenmenschen ist diese technische Welt wohl eher fremd. Eine Enzyklika des Papstes über den gerechten Einsatz von Algorithmen in der Welt von heute erwarte ich in der nächsten Zeit eher nicht. Um so wichtiger ist es, dass gerade wir Christen uns mit ihr in Zukunft stärker befassen und unseren gesellschaftlichen Einfluss geltend machen. Die Humanität unserer Gesellschaft hängt schon heute nicht mehr nur von menschlichem Verhalten ab.
Einen schönen Sonntag!
Ihr Thomas Kellner, Pfarrer